Ein Jahr fern der Heimat: Ukrainische Flüchtlinge erzählen ihre Geschichte
In ihrem Radiobeitrag widmen sich Laura Cremer und Till Schreiner vom RSI Eupen dem Thema „Krieg in der Ukraine“. Der läuft inzwischen seit mehr als einem Jahr. Viele Menschen haben ihre Heimat oder sogar ihr Leben verloren. Einige haben aber auch ein neues Zuhause gefunden und sind zum Beispiel nach Ostbelgien geflüchtet. Unsere Journalisten für einen Tag haben Ukrainer getroffen, die bereit waren, ihre Geschichte zu erzählen.
Skript des Beitrags
„Ich heisse Ruslan, ich bin 14 Jahre alt. Ich bin seit acht Monaten in Belgien und ich komme aus der Stadt Schytomyr.“
Ruslan Mytroshenko ist mit seiner Familie über Polen aus der Ukraine geflüchtet. Wir treffen ihn im RSI. Er ist Teil der Sprachförderungsklasse und besucht Kurse des ersten Sekundarschuljahres. Aber hier ist er nicht sofort nach der Flucht gelandet, erste Station für ihn war die Hauptstadt…
„Wir waren erst in Brüssel in einem grossen Hotel mit vielen Leuten aus vielen Ländern. Und eine Frau hat gefragt, ob wir in Eynatten wohnen möchten. Wir haben das Haus gesehen und gesagt, das ist gut.“
Mit seinen Eltern und drei Brüdern lebt Ruslan also jetzt in Eynatten.
Aber nicht nur Ruslan musste seine Heimat Schytomyr in der Nähe von Kiew verlassen, auch Viktoria und ihre Mutter Olena Betke kommen aus derselben Stadt und haben diese verlassen. Auch sie haben in der Gemeinde Raeren ein neues Zuhause gefunden.
„Ich bin Viktoria und ich wohne hier seit einem Jahr und ich bin Olena, komme auch aus der Ukraine und lebe hier seit einem Jahr. “
Wie ihre Flucht abgelaufen ist, haben die beiden uns bei unserem Besuch erzählt. Vor der Flucht aus der Ukraine sind beide zunächst aus der Stadt raus aufs Land gezogen, bevor es dann weiter ging: „Wir sind zu Fuss zur polnischen Grenze gegangen, weil wir mit sehr kleinen Koffern gereist sind. Keiner konnte uns in Polen abholen, deshalb blieben wir erstmal dort. Wir mussten da auf dem Boden mit vielen Leuten schlafen. Das war sehr sehr schlimm.“
Inzwischen haben auch sie sich in Raeren gut eingelebt. Während des Gesprächs betonen beide immer wieder die Gastfreundschaft der Ostbelgier: „Alle Leute sind hier sehr lieb. Alle heissen einen willkommen. Alle mögen einen. Alle sind sehr freundlich. Jeder wünscht einem das Beste. Bei uns gibt es so etwas nicht.“
Zurück zu Ruslan. Auch er hat in Ostbelgien Fuss gefasst. Sogar sein Hobby kann er hier weiter ausüben: „Mein Hobby ist Boxen. Ich trainiere drei mal pro Woche mit meinem Vater. In der Ukraine habe ich auch geboxt und Fussball gespielt. “
Und Freunde hat er auch schon gefunden: „Ja ich habe in meiner Klasse Freunde gefunden, zum Beispiel aus Estland und Bosnien. Ich habe auch belgische Freunde in der Schule gefunden. In Eynatten habe ich in meiner Strasse und beim Boxen Freunde gefunden.“
Freunde finden, ankommen – das wollen auch Viktoria und Olena, sie können sich eine Zukunft hier sehr gut vorstellen… Viktoria: „Ich möchte hier leben, vielleicht nach Deutschland umziehen – studieren oder arbeiten hier.“ O-Ton Olena: „Ja, ich auch.“
Ruslan dagegen möchte zurück. Er vermisst seine Heimat sehr. Familie und Freunde leben zum Teil noch dort. Und auch das Essen vermisst er ein wenig: „Viel ukrainisches Essen gibt es in Belgien nicht, zum Beispiel Bortschtsch, Tschibureki oder Blinchyki“
Hier hat er dagegen Fritten auf dem Speiseplan stehen und die findet er besonders gut.