Auslandsjahr statt studieren
Lernst du gerne fremde Sprachen? Magst du es, andere Kulturen und Menschen kennenzulernen? Organisierst du gerne Reisen, allein oder mit anderen? Ob Work and travel, Au-pair oder Schüleraustausch: Es gibt viele Möglichkeiten ins Ausland zu reisen.
Immer mehr Jugendliche stellen sich nach dem Abi die Frage, wie es weitergehen soll. So auch Melissa Hilger (19), ehemalige Schülerin der BSTI. „Ich wollte eigentlich immer studieren gehen, aber das hat sich nicht mehr richtig angefühlt“, erklärt Melissa in einem Interview. In der Schule hatte sie Probleme, mit Stress und Druck umzugehen. Nach langer Überlegung entschied sie sich dazu, ins Ausland zu reisen, um den Kopf freizubekommen. Durch Social Media und Bekannte ist sie auf die Idee gekommen, zu verreisen. Sie informierte sich über Work and travel und stieß dabei auf Wwoofing. Wwoofing ist eine Organisation, bei der der Wwoofer für Kost und Logis auf einem organischen Bauernhof oder Kleinbetrieb arbeitet. So kam es, dass Melissa nach Portugal reiste.
Doch Portugal blieb nicht ihre einzige Reise. Nachdem sie aus Portugal zurückgekommen war, suchte sie sich eine Arbeit mit Zeitverträgen, um sich so gut wie möglich selbst zu finanzieren. Später im Jahr reiste sie nach Asien. „Bei meiner Asienreise wollte ich etwas anderes sehen, aber ich wollte diese Reise nicht ganz allein machen“, sagt die 19-jährige. So kam es, dass Melissa sich über geplante Rundreisen informierte. Ihr Ziel war es, so viel wie möglich in kurzer Zeit zu sehen.
Doch auf ihren Reisen lief nicht immer alles glatt. „Ich war an einem Ort [in Portugal], an dem es mir nicht gefiel und musste mich nach Alternativen erkundigen. Ich musste ein Hostel organisieren und meine Fahrt von Sintra in der Nähe von Lissabon zurück nach Porto planen“, erzählt Melissa. Außerdem war es für sie ungewohnt, den ganzen Tag Englisch zu sprechen. In Asien musste sie auf ihr Verhalten achten, denn dort galten gewisse Verhaltensweisen als unhöflich, die man in Europa als selbstverständlich betrachtet.

Das Auslandsjahr hat Melissa gezeigt, was sie wirklich machen möchte. Die Reiselust hat sie gepackt, sodass sie nun in einem Reisebüro arbeitet. Sie ist sehr glücklich über die Entscheidung, da dieser Beruf zu ihr passt. Doch auch persönlich hat sie sich sehr weiterentwickelt. „Jetzt habe ich viel mehr Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein und bin auch mit meiner beruflichen Vision an einem ganz anderen Punkt als vor einem Jahr“, erklärt Melissa.
Auch Elena Jodocy (17), Schülerin des 6. Jahres, ist sich unsicher, wie es nach dem Abitur weitergehen soll. „Ich möchte nicht direkt weiter studieren, sondern etwas anderes machen, um ein bisschen Abwechslung zu haben“, erklärt Elena in einem Interview. Sie ist der Meinung, dass man die Zeit nutzen soll, solange man noch jung ist. Man könne später zwar auch während des Studiums eine Auslandssemester machen, doch das sei nicht dasselbe.
Doch anders als Melissa würde Elena gerne weiter lernen, um hinterher ein Studium zu beginnen. „Ich wollte nicht Work and travel machen, weil man sonst aus dem Lernrhythmus wegkommt oder die Technik verliert“, erklärt die 17-jährige. Sie würde gerne ihr Abi in den USA oder Mittelamerika wiederholen und dadurch auch Erfahrungen an einer neuen Schule sammeln.
Elena denkt darüber nach, an einem Erasmus-Projekt teilzunehmen. Dadurch wären einige der Kosten gedeckt. Außerdem ist sie sich unsicher, ob sie die Reise allein oder in Begleitung machen wird. „Ich kenne momentan niemanden der das vorhat, doch wenn ich jemanden finde, wäre das eine Erleichterung“, erklärt sie. Durch die Austauschprogramme bestehe aber eine hohe Wahrscheinlichkeit, andere Leute vor Ort kennenzulernen, die auch aus Europa stammen. Zudem finde sie es gut, erstmal auf sich allein gestellt zu sein, da man so dazu gezwungen sei, mehr in Kontakt mit den Leuten vor Ort zu kommen.
„Ich erwarte, dass ich viele neue Erfahrungen mache, neue Kulturen kennenlerne, erfahre, wie die Leute in dem Land drauf sind und wie es ist, in den USA zur Schule zu gehen“, erklärt die 17-jährige. Darüber hinaus möchte sie ihr Englisch verbessern und herausfinden, was sie danach machen möchte.
Mut und Selbstvertrauen: zwei wichtige Eigenschaften für solch eine Reise. Doch eigentlich ist jeder dazu in der Lage, ein Auslandsjahr zu machen, man muss nur den ersten Schritt wagen.
Nele Hilger – Illustrationsbild: Bruno Fahy/Belga