10. Dezember 2024
BS-TI Sankt Vith (2023)

Hat die Katholische Kirche noch eine Zukunft?

Die Religion hat heute nicht mehr die gleiche Bedeutung wie früher. Die Gründe für diese Entwicklung sind zahlreich, aber ebenso die Zukunftsmöglichkeiten.

Kirchenbesucher – Tendenz sinkend?

Jeder merkt in seinem Umfeld, sei es in den Geschichten der Großeltern oder bei Gesprächen, dass die Katholische Kirche nicht mehr denselben Stellenwert hat wie früher. Doch wie stark ist dieser Zerfall wirklich? Bis ins Belgien der 50er Jahre ging sonntags noch jeder Zweite zur Messe, heute ist es nur noch jeder Vierzigste, so eine Erhebung des Vif Express. Mit diesen Zahlen kann man sich gut vor Augen führen, wie groß die Abnahme der katholischen Praxis in unserem Land ist.

Obwohl diese religiöse Tradition abnimmt, bleibt unser Empfinden gegenüber den christlichen Gebäuden konstant, denn Renovierungsarbeiten von Kirchen sind augenblicklich überall in unserer Region im Gange. So scheint der Spruch „Lassen wir die Kirche im Dorf“ immer noch aktuell zu sein.

Georges Nizet ist Organist in der Pfarrgemeinde Nadrin (Foto: Pierre Gangolf)

Gründe für diese Entwicklung

Ein Grund, warum die Kirche nicht mehr so attraktiv wirkt, ist der sogenannte Individualismus. Dieser Prozess hat dazu geführt, dass zum Beispiel Menschen nicht mehr verpflichtet sind, sonntags in die Messe zu gehen, sondern dass dies jetzt nur noch auf freiwilliger Basis geschieht. So erklärt Herr Nizet: „Wir gehen heutzutage nicht mehr zur Messe aufgrund der Gemeinschaftszugehörigkeit, sondern weil wir uns dazu entscheiden“.

Weitere Gründe für den Rückgang der Anwesenden in der Kirche sind der Anstieg des Wohlstands in der Gesellschaft und die Veränderung des Konsumverhaltens. Das Verhältnis zum materiellen Wohlbefinden hat scheinbar diese Verbindung zum allmächtigen Gott gemindert. Heutzutage stellt sich immer seltener die Frage, ob man zur Messe geht, sondern eher, ob man eine Stunde Sport treiben oder Musik machen will. In unserer heutigen Zeit ist der Besuch der Messe nicht mehr obligatorisch, was aber laut Experte Georges Nizet eine gute Entwicklung darstellt. Er glaubt: „Es wird jetzt viel wertvoller sein, dieser kleineren Gruppe mit einem größeren Bewusstsein anzugehören.“

Was sind die Möglichkeiten der Katholischen Kirche?

Man spricht immer wieder von einer Erneuerung der Katholischen Kirche, weil sie nicht mehr zeitgemäß wäre und dem langsamen Niedergang geweiht sei. Doch welche Möglichkeiten bieten sich an, um solch ein Szenario zu verhindern? Laut Experte Nizet wird Offenheit einer der wichtigsten Faktoren sein, um der Katholischen Kirche eine fruchtbare Zukunft zu gewährleisten. Auf diese Weise könnte man sich vorstellen, später in den Kirchen verschiedene kulturelle Veranstaltungen wie beispielsweise Ausstellungen, Konzert- oder Theaterabende stattfinden zu lassen.

Eventuell wäre es auch denkbar, Gottesgebete anderer Religionen zu erlauben, falls die katholische Gemeinde so stark reduziert würde, dass sich die staatlichen Subsidien nur noch schwierig rechtfertigen ließen. Die Kirche wird diese Rückentwicklung akzeptieren und sich unserer heutigen liberalen Gesellschaft anpassen müssen. Georges Nizet hofft zugleich, dass diese Offenheit reziprok sein wird: „Die Gesellschaft wird der Kirche Zeit lassen müssen, damit diese Veränderungen und Anpassungen möglichst reibungslos durchgeführt werden können“, so die abschließende Meinung von Herr Nizet.

Von Pierre Gangolf

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